Mare nostrum, Mauricio Kagel: Wiener Kammeroper

Über die Veranstaltung

Mauricio Kagels 'Mare nostrum' steht in dieser Spielzeit auf dem Programm der Wiener Kammeroper. Mitglieder des Jungen Ensembles am Theater an der Wien sind in der Inszenierung zu sehen.

Der 1931 in Buenos Aires geborene Mauricio Kagel war vielleicht der humorvollste Vertreter, den die zeitgenössische Musik in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat. Der aus deutsch‐russisch‐jüdischer Familie stammende argentinische Komponist war ein heiterer Ahnherr der Postmoderne, der auch nie davor zurückschreckte, dem modernen zeitgenössischen Musikbetrieb in ironischer und satirischer Weise den Spiegel vorzuhalten. Den Schöpfer des „instrumentalen Theaters“ störte es zeitlebens, dass sein Heimatland sich erst von einer Horde Krimineller „entdecken“ und „zivilisieren“ lassen musste und darüber alljährlich auch noch Jubelhymnen auf Cristóbal Colón anstimmte. So drehte er in seinem grotesken Werk Mare Nostrum den Spieß einmal um und lässt Europa von südamerikanischen Ureinwohnern entdecken.

Ein Stamm aus Amazonien erobert und befriedet Stück für Stück die Alte Welt entlang des Mittelmeeres von Portugal bis nach Arabien. In acht Stationen stellt der Komponist damit die gelassen erzählten Gräuel der Kolonialisierung den kulturellen Errungenschaften Europas gegenüber. Am Ende bleibt ein Mittelmeer über, das vom Zivilisationsmüll der Eroberer unrettbar verschmutzt ist. Die einzelnen Episoden sind in der jeweils entsprechenden musikalischen Sprache der einzelnen Länder gehalten. In Frankreich singt etwa ein gallischer Barde zu einem verstimmten Akkordeon, in Italien wird lateinisch psalmodiert, in Griechenland werden antike Skalen angestimmt. Am deutlichsten wird die Transformierung der Kulturen vielleicht in der Türkei‐Szene erfahrbar, wenn der bereits von Mozart europäisierte Türkische Marsch erneut von arabischen Modi durchsetzt wird.

Mauricio Kagel ist mit seiner 1975 in Berlin uraufgeführten Kammeroper Mare Nostrum eine zeitlose, satirische Parabel über Kolonialismus, Umweltzerstörung und die Geschichte unserer Zivilisation gelungen, voll von schwarzem Humor und doppelbödigem Witz, der einem bisweilen im Hals stecken bleiben kann.

Entdeckung, Befriedung und Konversion des Mittelmeerraumes durch einen Stamm aus Amazonien



Text und Musik von Mauricio Kagel (1975)





Musikalische Leitung: Gelsomino Rocco

Inszenierung: Christoph Zauner

Ausstattung: Nikolaus Webern

Europäer: Rupert Enticknap

Amazonier: Ben Connor


Wiener KammerOrchester


Neuproduktion des Theater an der Wien in der Kammeroper.

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